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26.01.2015

Minister Remmel: "Mit dem Wolf kehrt wieder eine einstmals ausgestorbene Tierart nach NRW zurück"

Auch Maifisch, Fischotter und Luchs sind inzwischen wieder in NRW Zuhause – Zahl der gefährdeten Arten bleibt trotzdem alarmierend

In NRW gelten derzeit 30 bis 40 Wirbeltierarten als ausgestorben oder verschollen. Dazu gehören neben dem Wildpferd oder dem Stör vor allem viele Vogelarten wie der Fischadler oder das Auerhuhn. Mit dem aktuellen Nachweis eines Wolfes in Nordrhein-Westfalen besteht die Aussicht, dass bald eine in NRW bisher als ausgestorben geltende Tierart auf natürlichem Wege nach Nordrhein-Westfalen zurückkehrt. NRW-Umweltminister Johannes Remmel sieht dies als ein gutes Zeichen für den Natur- und Artenschutz: „Auch in NRW sind in den letzten Jahrhunderten eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten unwiederbringlich verloren gegangen. Wir müssen daher das Artensterben stoppen und wollen mit der gerade vom Kabinett beschlossenen Biodiversitätsstrategie zu einem Mehr an biologischer Vielfalt in NRW kommen“, sagte Minister Remmel. „Dass jetzt mit dem Wolf eine lange vermisste Art nach NRW zurückkehrt zeigt, dass unser faszinierendes Land wieder ausreichend geeigneten Lebensraum für lange ausgestorbene Arten bietet. Dies zeigen auch die natürliche Rückkehr des Luchs oder des Fischotters“, sagte Remmel und verwies auf die aktuelle Rote Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten für NRW: „Trotzdem bleibt ein Großteil der wertvollen Natur in Gefahr. Deshalb werden wir 2015 die Naturschutzpolitik neu ausrichten, um das wilde NRW zu bewahren.“

Etwa 45 Prozent der heimischen Tier-, Pilz- und Pflanzenarten sind nach der aktuellen Roten Liste NRW in ihren Beständen gefährdet oder bereits ausgestorben: „Wir sind dabei, die Festplatte unserer Natur zu löschen und müssen daher dringend eine Umkehr erreichen“, erklärte Remmel. Noch in diesem Jahr soll daher mit dem Landes-Naturschutzgesetz ein weiterer Baustein der neuen Naturschutzpolitik verabschiedet werden.

Braunbär war in NRW heimisch

Als sicher ausgestorben in NRW gelten die Säugetiere Braunbär, Elch, Auerochse, Wildpferd, die Fledermausart Kleine Hufeisennase und bislang auch der Wolf. Hinzu kommen mindestens 23 Vogelarten, dazu gehören unter anderem Wiedehopf, Blauracke, Brachpieper, Kampfläufer, Goldregenpfeifer, Fischadler sowie Auer- und Birkhuhn. Bei den Fischarten gelten Finte, Stör und Stint als ausgestorben. Beim Maifisch konnte die Situation durch aktive Naturschutzpolitik wieder umgekehrt werden. Seit dem Jahr 2008 wurden rund 8,6 Millionen junge Maifische in nordrhein-westfälischen und hessischen Rheinabschnitten ausgesetzt. Im letzten Jahr konnten erstmals rund 300 erwachsene Rückkehrer in den Gebieten am Rhein gezählt werden. „Das Projekt ‚Maifisch‘ beweist, Artenschutz und die Wiederansiedlung von Tieren ist machbar, dies gilt zum Beispiel auch für den Biber. Wir brauchen nur den Mut und ein Stück Pioniergeist, um der Natur nicht nur zu nehmen, sondern auch zurückzugeben“, betonte Remmel.

Das Artensterben hat laut Minister Remmel aber nicht nur Auswirkungen auf die natürlichen Kreisläufe in der Natur, sondern kann auch wirtschaftliche Einbußen zum Beispiel im Anbau von Obst und Raps mit sich bringen: „Hier in NRW sind von den 364 heimischen Wildbienenarten bereits 45 Arten ausgestorben. Weitere 129 Arten sind akut in ihrem Bestand gefährdet. Das Verschwinden von wilden Bienen ist besorgniserregend, denn dadurch stehen wichtige Bestäuber für unsere Wild- und Nutzpflanzen nicht mehr zur Verfügung“, so Remmel. Von den insgesamt etwa 12.000 für die Rote Liste NRW betrachteten Arten sind 40 Prozent der Farn- und Blütenpflanzen, 45 Prozent der Säugetierarten, über 50 Prozent der Vogelarten und 55 Prozent der Schmetterlingsarten gefährdet oder ausgestorben. „Unsere Generation trägt die Verantwortung dafür, dass die früher noch jedem Kind bekannten Arten wie Feldlerche oder Rebhuhn, Kornblume oder Mohn nicht aus weiten Teilen unserer Landschaft verschwinden,“ erklärte der Minister. „Als Landesregierung haben wir deshalb die Stärkung des Naturschutzes im Koalitionsvertrag fest verankert. Wir müssen unser wertvolles Naturerbe schützen und bewahren.“ Die natürliche Rückkehr von Wolf und Luchs und Ansiedlungsprogramme wie für Maifisch oder Biber seien daher der richtige Weg, betonte der Minister.

Der Wolf

Die NRW-Landesregierung hatte am 21. Januar 2015 die Bestätigung erhalten, dass NRW nach 180 Jahren wieder Wolfs-Land sein könnte. Dies hätten jüngste Funde im Kreis Minden Lübbecke bestätigt. Auf dem Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalen galt der Wolf seit Mitte des 19. Jahrhunderts als ausgerottet. Ein genaues Aussterbejahr lässt sich allerdings nicht mehr genau rekonstruieren. 1835 wurde in Ascheberg-Herbern (Westfalen) das letzte Mal ein Wolf dokumentiert, im Rheinland Ende des 18. Jahrhunderts bei Hilden. Aus dem Winter 1963/1964 ist der Abschuss eines einzelnen Wolfes in NRW bei Bergheim dokumentiert. Über Alter, Herkunft und Verbleib des Tieres ist hingegen nichts bekannt. Erst Ende 2009 überquerte der – zwischenzeitlich verstorbene – hessische Wolf „Reinhardt“ aus dem angrenzen Reinhardswald in Nordhessen einmalig die Grenze von NRW (Kreis Höxter). In Deutschland tauchten die ersten Wölfe nach der Wende 1995 wieder auf, durch das Einwandern eines einzelnen Wolfes auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz in Sachsen. Seit 1850 galt Deutschland faktisch als wolfsfrei. Im Jahre 1904 wurde der letzte Wolf in Tzschellin in der Oberlausitz (Sachsen) erschossen.

Der Luchs

Vor etwa 150 Jahren wurde die einzige europäische Großkatze, der Luchs, in Deutschland ausgerottet. Ursache dafür war die gnadenlose Verfolgung durch den Menschen. Dem Luchs wurde dabei hauptsächlich nicht wegen seines schönen Fells nachgestellt, sondern weil er als direkter Jagdkonkurrent empfunden wurde und als Bedrohung für das Kleinvieh galt.

Der Maifisch

Der Maifisch war noch bis Ende des 19. Jahrhunderts in Westeuropa weit verbreitet. Ab 1920 war der Maifisch infolge der rigorosen Überfischung der Bestände, der Wasserverschmutzung und des Ausbaus der Flüsse verschwunden. Seit dem Jahr 2008 werden in hessischen und nordrheinwestfälischen Rheinabschnitten Maifische besetzt mit dem Ziel wieder einen eigenen Bestand aufzubauen.

Der Wisent

Nach fast 300 Jahren sind wieder wilde Wisente (Bison bonasus) in Deutschland zuhause. Im April 2013 wurden im Rothaargebirge bei Bad Berleburg (NRW) 8 europäische Bisons ausgewildert. Sie sind die Ersten, die sich seit 1746 wieder in freier Wildbahn bewegen. Der letzte freilebende Wisent wurde 1927 im Kaukasus geschossen. Alle heute lebenden Wisente stammen von nur zwölf in Zoos und Tiergehegen gepflegten Wisenten ab.

WildesNRW – Der Schatz vor Deiner Tür

Alte Buchenwälder, mystische Moore, knorrige Eichenbäume, moosbedeckte Auenwälder, blühende Heideflächen, ausgedehnte Wasserlandschaften und wilde Mittelgebirgsbäche: Nordrhein-Westfalen hat eine einzigartige Natur und eine faszinierende Artenvielfalt. Mehr als 3.000 Naturschutzgebiete, etwa 550 Gebiete des europäischen Schutzgebietssystems „Natura 2000“, der Nationalpark Eifel, rund 100 Wildnisgebiete und 14 Naturparke bewahren das heimische Naturerbe und machen es für die Bevölkerung erlebbar. Als bevölkerungsreichstes Bundesland ist Nordrhein-Westfalen nicht nur Heimat für rund 18 Millionen Menschen; auch mehr als 43.000 verschiedene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten finden hier Lebensraum, vom kleinsten Insekt über unseren „Urwald-Baum“, die Rotbuche, und den Wanderfalken als weltweit schnellstem Lebewesen bis hin zum größten Wildtier in NRW, dem europäischen Bison. Sie alle gehören zum „Wilden NRW“: Ein Schatz vor unserer Tür, den es für kommende Generationen zu bewahren gilt.

Doch diese beeindruckenden Zahlen dürfen nicht drüber hinwegtäuschen, dass unser Naturerbe gefährdet ist. Das Artensterben schreitet auch in NRW weiter voran: Etwa 45 Prozent der beobachteten Tier- und Pflanzenarten in NRW sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Und die Situation verschärft sich. Denn mittlerweile geraten auch immer mehr Allerweltsarten an den Rand ihrer Existenz.

Die Ursachen des Artensterbens sind häufig menschengemacht: Hierzu gehören die zu intensive Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen, die Belastung durch Pflanzenschutzmittel, die Zerschneidung von wertvollem Naturraum und der fortschreitende Flächenfraß. So verschwinden täglich in NRW etwa 10 Hektar an wertvollen Flächen, Brutstätten und Lebensräume für eine Vielzahl von Tier-, Pilz- und Pflanzenarten.