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19.05.2016

Minister Remmel: "Umweltbelastungen müssen in NRW weiter reduziert werden"

Masterplan "Umwelt und Gesundheit" soll NRW zum Standort mit hoher Umwelt- und Lebensqualität machen

Die Landesregierung will die Umweltbelastung der Menschen weiter reduzieren und Nordrhein-Westfalen dauerhaft zu einem Standort mit hoher Umwelt- und Lebensqualität machen. „Die Bürgerinnen und Bürger sind alltäglich einer Vielzahl von Umweltbelastungen ausgesetzt. Unsere Aufgabe als Politik ist es, diese Belastungen zu reduzieren. Denn Umweltschutz ist Gesundheitsschutz“, sagte Minister Johannes Remmel in Düsseldorf. Ziel der Landesregierung sei es, die Umweltbelastungen und Gesundheitsrisiken für die Menschen in NRW mit einem breit angelegten und integrierten Handlungskonzept zu reduzieren. Dazu hat das Kabinett den im Koalitionsvertrag verankerten „Masterplan Umwelt und Gesundheit NRW“ verabschiedet.

„Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, das sich systematisch mit den Auswirkungen der Umweltbelastungen auf die Gesundheit der Menschen befasst. Der umweltbezogene Gesundheitsschutz hat in NRW seit langem eine hohe Bedeutung“, sagte Minister Remmel. Mit dem Masterplan will die Landesregierung die Kommunen dabei unterstützten, Umwelt- und Gesundheitsthemen zu verknüpfen und in praktischen Maßnahmen und Projekten umzusetzen“, ergänzte Minister Remmel. „Darüber hinaus hat der Masterplan für uns eine Radarfunktion für aktuelle und künftige Themen, die für den umweltbezogenen Gesundheitsschutz Relevanz haben“, so der Minister. Durch aktuelle Ergebnisse einer Untersuchung von Kleinkindern auf Umweltbelastungen (etwa Glyphosat und Weichmachern) sieht sich Minister Remmel bestätigt.

Der Masterplan ist ein integriertes Handlungskonzept – primär für das behördliche Verwaltungshandeln - und enthält Handlungsempfehlungen, die zu einer Verbesserung des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes führen sollen. Mit ihm wird die bisherige erfolgreiche Arbeit des Aktionsprogramms Umwelt und Gesundheit (APUG) NRW fortgeführt. Der Masterplan definiert Handlungsfelder, zu denen neben Umweltgerechtigkeit unter anderem auch die Themen Innenraumlauft/Gesundes Wohnen, Schadstoffe in verbrauchernahen Produkten sowie Tierhaltung und Gesundheit gehören. Es wurden bereits erste Handlungsempfehlungen für die Praxis erarbeitet. Der Fokus liegt auf der erfolgreichen Verknüpfung von Umwelt- und Gesundheitsthemen und der Unterstützung kommunaler Aktivitäten im Bereich Umwelt und Gesundheit in NRW.

Vielfältige Umweltbelastungen in NRW

Die Menschen in Nordrhein-Westfalen sind vielfältigen Umwelteinflüssen ausgesetzt, zum Beispiel durch Luftverunreinigungen, Lärm und durch Schadstoffe in Lebensmitteln, Textilien, Kosmetika, Schmuck, Möbeln oder auch Baustoffen. Feinstaub- und Stickoxide sind verantwortlich für Atemwegs- sowie Herzkreislauferkrankungen. Schwermetalle wie etwa Cadmium, Blei, Nickel oder Quecksilber können auf das Nervensystem wirken oder sind teilweise krebserzeugend. Sie werden hauptsächlich über Lebensmittel aufgenommen, finden sich teilweise aber auch in Textilien, Schmuck und Lederwaren. Weichmacher und Bisphenol A sind vielen Kunststoffen zugesetzt. Nach wie vor befinden sich persistente organische Stoffe wie PCB, Dioxine und dioxinähnliche Stoffe in der Umwelt und werden hauptsächlich über Lebensmittel aufgenommen.

Umweltgerechtigkeit ein Themenfeld des Masterplans

„Angesichts dieser Umweltbelastungen ist ein konzeptionelles, gemeinsames Handeln für einen umweltbezogenen Gesundheitsschutz erforderlich. Wir wollen uns aber auch der Frage der Umweltgerechtigkeit widmen, das heißt den Zusammenhängen zwischen sozialer Lage, Umweltqualität und Gesundheit, etwa bei der Frage der Lärm- und Luftbelastungen an stark befahrenen Straßen. In der Regel wohnen dort Menschen mit geringerem Einkommen, die aber durch Lärm überproportional in ihrer Gesundheit beeinträchtigt werden könnten“, begründete Minister Remmel die Notwendigkeit eines Masterplans. Auch hier wolle das Land mit den Kommunen Antworten auf diese Entwicklung finden. „Umweltgerechte und gesundheitsverträgliche Lebensbedingungen bilden die Basis für Wohlbefinden und Lebensqualität der Bevölkerung und sind zugleich ein wichtiger Standort- und Wirtschaftsfaktor“, ergänzte Minister Remmel. Daher wird zur Umsetzung und Weiterentwicklung des Masterplans gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden im Juni ein Kongress durchgeführt. Dort soll unter anderem aufgezeigt werden, wie Städte und Gemeinden in den Bereichen Umwelt, Gesundheit, Soziales und Planung fachübergreifend und erfolgreich zusammenarbeiten können. Eine Lenkungsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und den Ministerien wird den weiteren Masterplanprozess aktiv begleiten.

Umweltbelastungen in der Gesellschaft ungleich verteilt

Untersuchungen zeigen, dass Umweltbelastungen und ihre gesundheitlichen Folgen in der Gesellschaft nicht gleich verteilt sind. „Sozioökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen sind Umweltbelastungen regelmäßig in höherem Maße ausgesetzt als andere Bevölkerungsteile“, sagte Minister Remmel. Maßnahmen zur Verringerung sozialer Ungleichheit bei Umweltrisiken, wie Lärm- und Luftbelastungen, müssen im Sinne der Verhältnisprävention vor allem auf der lokalen Ebene ansetzen. Dabei steht die Verbesserung der Umwelt- und Lebensverhältnisse der Menschen im Vordergrund. Die Einrichtung von verkehrsberuhigten Zonen, emissionsfreie Innenstädte, mehr wohnortnahe Grünflächen sind nur einige mögliche Maßnahmen, um die Menschen zu entlasten und ihr Wohnumfeld zu verbessern.

In einer Studie im Rahmen des Masterplans Umwelt und Gesundheit NRW ist zum Beispiel die Bedeutung ortsnaher Grün- und Spielflächen unter den Gesichtspunkten Umwelt, Gesundheit und soziale Lage als Ausgleich von Mehrfachbelastungen hervorgehoben worden. Damit wird die Entwicklung einer hochwertigen grünen Infrastruktur in mehrfach belasteten Quartieren zu einer wichtigen Strategie zur Stärkung von Umweltgerechtigkeit.

Aktuelle Untersuchung „Schadstoffbelastungen bei Kindern“

Ein Schwerpunkt des Masterplans ist das frühzeitige Erkennen der Belastung von Kindern mit Schadstoffen. Das Umweltministerium hat das Landesumweltamt (LANUV) mit Untersuchungen beauftragt, in denen in regelmäßigen zeitlichen Abständen die Belastung von nordrhein-westfälischen Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren auf ausgewählte Schadstoffe und Schadstoffmetabolite im Urin ermittelt wird. Durch diese regelmäßigen Untersuchungen im Abstand von drei bis vier Jahren ist es möglich, die Belastung von Kindern dieser Altersgruppe mit alten und neuen Schadstoffen zu identifizieren und zu bewerten (Human-Biomonitoring).

Glyphosat lässt sich im Urin von Kindern nachweisen

Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung hat das Landesumweltamt nun vorgelegt. Demnach wurden bei 63 Prozent der untersuchten Zwei- bis Sechsjährigen im Urin Konzentrationen des Pflanzenschutzmittels Glyphosat oberhalb der Bestimmungsgrenze festgestellt, wobei 50 Prozent geringfügig über der Bestimmungsgrenze lagen. Die bei den Kindern gemessenen Werte entsprechen ähnlichen Untersuchungen bei Erwachsenen. Die gemessenen Werte liegen sehr deutlich unter den von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als unbedenklich eingestuften Grenzwerten. Deswegen sind laut dem Landesumweltamt „keine gesundheitlichen Auswirkungen als wahrscheinlich anzunehmen“. „Die Ergebnisse unserer Untersuchung bestätigen aber die jüngsten Meldungen und Studien, dass Glyphosat in Lebensmitteln und auch im Menschen nachweisbar ist. Alleine diese Tatsache zeigt, dass Glyphosat inzwischen allgegenwärtig ist und in zu großen Mengen und zu häufig eingesetzt wird“, kritisierte Minister Remmel.

Die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von Glyphosat werden seit einiger Zeit kontrovers diskutiert. „In NRW verfolgen wir im Umweltschutz einen präventiven Ansatz und daher ist unsere Position dazu klar: Wir brauchen eine Reduzierung der Belastungen mit Glyphosat und sollten schnellstens Alternativen ins Auge fassen. Das betrifft die großflächige Anwendung auf Getreide- und Rapsstoppeln sowie vor allem die Methode, das fast erntereife Korn vor der Ernte noch einmal mit Glyphosat zu spritzen", sagte Minister Remmel. „Hier sind die Behörden gefordert. Die Eindämmung von Glyphosat wäre ein wichtiger Beitrag zum umweltbezogenen Gesundheitsschutz.“ Auch hier zeigt sich die Notwendigkeit einer fachübergreifenden Zusammenarbeit und der Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes zur Lösung des Problems.

Auch Abbauprodukte von typischen Weichmachern gefunden

Der Urin der Kinder wurde des Weiteren auch auf Abbauprodukte von typischen Weichmachern untersucht, die Kunststoffen wie zum Beispiel PVC zugesetzt sind. Für zwei Weichmacher (Abbauprodukte von Di –iso-Butyl Phthalat bzw. Di-n-Butyl-Phthalat) wurden bei einigen Kindern Überschreitungen der täglich tolerierbaren Aufnahmemenge festgestellt. „Diese Belastung ist zu hoch. Die Belastungspfade müssen näher identifiziert werden, um eine Senkung zu erreichen. In weiteren Untersuchungen muss nun abgeklärt werden, was die Quelle der Belastung ist“, sagte Minister Remmel. Der Urin der Kinder wurde außerdem auf Parabene untersucht. Parabene werden als Konservierungsstoffe zum Beispiel in Kosmetika, Lebensmitteln oder Medikamenten eingesetzt und können über Haut oder Nahrung aufgenommen werden. Ein gesundheitlich bedenklicher Wert wurde bei den vorgefundenen Gehalten nicht überschritten.

Weitere Untersuchungen, die sich mit Belastungstrends, weiteren Stoffen und Belastungsquellen befassen sollen, laufen bzw. sind geplant. „Diese Untersuchungen werden in regelmäßigen Abständen fortgesetzt. Unser Untersuchungsansatz ist ein wichtiges Früherkennungssystem für mögliche Belastungen von Kindern mit verbrauchernahen Schadstoffen. Wir werden die Ergebnisse den zuständigen Bundesbehörden übermitteln, damit diese Erkenntnisse dann zum Beispiel in Zulassungsverfahren berücksichtigt werden können“, sagte Minister Remmel. Die aktuellen Ergebnisse für den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat, verschiedene Weichmacher und für ausgewählte Parabene werden vom LANUV als Fachberichte veröffentlicht.