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Remmel: „Ministerin Aigner präsentiert eine Mogelpackung“

NRW-Verbraucherschutzminister kritisiert Antibiotika-Pläne der Bundesregierung als unzureichend: Keine umfassende Transparenz und nachhaltige Reduktion von Antibiotika in der Tierhaltung

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel kritisiert die Pläne von Bundesministerin Aigner zu Antibiotika in der Tierhaltung als völlig unzureichend: „Die heute vorgelegten Pläne von Frau Aigner sind eine Mogelpackung. Sie schaffen weder die notwendige Transparenz bei den Antibiotika-Strömen, noch schaffen sie einen ausreichenden Rechtsrahmen, damit der Einsatz von antimikrobiellen Substanzen reduziert wird.“ Nach dem Entwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) durch die Bundesregierung sei weiterhin keine eindeutige Nachverfolgung der Antibiotika-Ströme möglich. Zudem fehle es den Ländern auch weiterhin an einem klar definierten Rechtsrahmen. Daher können weiterhin unter dem Deckmantel der Therapiefreiheit Antibiotika nach Gutdünken verabreicht werden. Remmel: „Der Forderung der NRW-Landesregierung, die Leitlinien, mit denen der Stand der veterinärmedizinischen Wissenschaft beschrieben wird, rechtlich verbindlich zu verankern, ist Frau Aigner heute nicht nachgekommen.“

Am 15. November hat NRW als erstes Bundesland eine umfangreiche und vollständige Studie (www.antibiotikastudie.nrw.de) zum Einsatz von Antibiotika in der Hähnchenmast vorgelegt. Das NRW-Verbraucherministerium hatte im Zeitraum Februar bis Juni 2011 insgesamt 962 Hähnchenzuchtdurchgänge aus 182 Beständen in NRW auf den Einsatz von antimikrobiellen Substanzen untersucht. Insgesamt wurden 96,4 Prozent der Tiere aus den untersuchten NRW-Betrieben mit Antibiotika behandelt, lediglich bei weniger als 4 Prozent der Masthähnchen kam kein Wirkstoff zum Einsatz. Die antibiotikafreie Hähnchenmast ist demnach nur noch die Ausnahme. Remmel: „Jahrelang ist von der Geflügelwirtschaft und der Bundesregierung aus Union und FDP immer wieder versichert worden, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast nur die Ausnahme sei. Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Antibiotika-Einsatz ist die Regel und gängige Praxis. Das wird sich auch nach Aigners heutigen Ankündigungen leider nicht ändern.“

Fehlende Reduktionsziele

In den Plänen von Frau Aigner fehlen nach Remmels Aussagen konkrete Antibiotika-Reduzierungsziele und das Ziel einer grundsätzlich antibiotikafreien Tierhaltung. NRW hatte wiederholt als ersten Schritt einen verbindlichen Reduktionsplan zur Verminderung des Antibiotika-Einsatzes um mindestens 50 Prozent in den nächsten drei Jahren gefordert. „Nur mit solchen konkreten Reduktionsvorgaben wird es gelingen, den Einsatz von Antibiotika zu minimieren“, so Remmel.

Mangelhafte Kontrollmöglichkeiten

„Wir fordern die durchgängige Transparenz der Handelswege vom Hersteller bis zur Anwendung im Tierstall“, so Remmel. Frau Aigner wolle die Arzneimittelhersteller aber nicht verpflichten, die abgegebenen Mengen auf den einzelnen Tierarzt bezogen zu melden. Es bleibt bei einer Meldung nach den ersten beiden Ziffern der Postleitzahlen. „Diese Angaben können wir für die konkrete Überwachung nicht nutzen. Wir müssen früh und zeitnah wissen, wohin Antibiotika geliefert werden, dann nur können wir die Warenströme kontrollieren. Frau Aigner erschwert die Überwachungsmöglichkeiten der Bundesländer, und sie verhindert, dass der massenhafte Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung schnell gestoppt werden kann.“

NRW-Datenbank und Antibiotikakonferenz

Als Reaktion auf die Ergebnisse der Antibiotika-Studie und die heutigen Ankündigung von Ministerin Aigner wird NRW am morgigen Mittwoch als erstes Bundesland eine Antibiotika-Datenbank starten. „Darüber hinaus brauchen wir weiterhin eine nationale Antibiotika-Konferenz mit allen Beteiligten, Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft, der Tierärzteschaft, aus der Humanmedizin sowie von Verbraucher- und Umweltverbänden und Behörden. Der Arzneimitteleinsatz in der Massentierhaltung muss reduziert werden. Dafür brauchen wir ein Bündel von Maßnahmen aus Transparenz, Kontrolle und gesetzlichen Regeln. Ich fordere Frau Aigner daher auf, endlich ihre Klientelpolitik zugunsten der Geflügelwirtschaft aufzugeben und die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen. Wir in NRW tun alles dafür, Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken und mächtig zu machen.“

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