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Umwelt. Naturschutz. Verkehr

Ergebnisse der Verkehrsministerkonferenz

Ergebnisse der Verkehrsministerkonferenz

18.04.2024

Frühjahrssitzung von Bund und Ländern tagte in Münster – Deutschlandticket, Infrastruktur-Investitionen, Klimaschutz und Radverkehr im Mittelpunkt

Die Bundesländer sehen das Deutschlandticket knapp ein Jahr nach der Einführung als großen Erfolg und drängen weiter auf eine nachhaltige und längerfristige finanzielle Absicherung. Deshalb arbeiten die Länder mit dem Bund an der dauerhaften Finanzierung des Deutschlandtickets über das Jahr 2025 hinaus an. Einen entsprechenden Beschluss haben die Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren auf ihrer Frühjahrssitzung in Münster getroffen. Für 2024 soll der Einführungspreis von 49 Euro weiterhin bestehen bleiben, um möglichst viele Kundinnen und Kunden für das neue Angebot zu gewinnen. Voraussetzung für einen stabilen Preis ist in diesem Jahr ist, dass der Bund seiner Verpflichtung nachkommt und die nicht verausgabten Finanzmittel aus 2023 auf das Jahr 2024 überträgt. 

„Das Deutschlandticket ist das erfolgreichste Ticket in der ÖPNV-Geschichte: Bereits nach einem Jahr haben 11,2 Millionen Menschen ein Deutschlandticket gehabt - mit steigender Tendenz. Entsprechend wurden im ersten Jahr insgesamt rund 130 Millionen Tickets abgesetzt“, sagte Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen), der derzeit Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz ist.  „Das zeigt, welchen Mehrwert das D-Ticket mit sich bringt. Es ist nicht nur ein Anreiz, um auf den ÖPNV umzusteigen. Es leistet dadurch auch einen Beitrag zum Klimaschutz und entlastet die Pendlerinnen und Pendler um einen Milliarden-Betrag. Das wirkt sich auch dämpfend auf die Inflation aus. Ich bin daher mit dem ersten Jahr sehr zufrieden. Aber es gibt auch noch Hausaufgaben, die anstehen: Die dauerhafte Finanzierung bleibt weiter ein Thema und die Länder haben sich auf der Verkehrsministerkonferenz klar dafür ausgesprochen, eine langfristige Finanzierung umsetzen zu wollen.“ 

Petra Berg (SPD), Ministerin für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz des Saarlandes, sagte zum Abschluss der Frühjahrssitzung der Verkehrsministerkonferenz: „Das Deutschlandticket ist eine Erfolgsgeschichte, weil das Ticket bereits innerhalb des ersten Jahres aus Gelegenheitskunden des ÖPNV Dauerkunden gemacht hat und die Fahrgastzahlen steigen. Das Deutschlandticket ist ein atmendes System und braucht weiterhin Rahmenbedingungen, die ihm dauerhaft zum Erfolg verhelfen. Die Menschen brauchen Verlässlichkeit, Planungssicherheit und Vertrauen in das Deutschlandticket. Die Preisstabilität für 2024 war ein erster Schritt. Ein weiterer essentieller ist, dass der Bund sein Versprechen hält und die Überjährigkeit der bereitgestellten Mittel ermöglicht und das Regionalisierungsgesetz entsprechend ändert."

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) betont: „Ein Jahr nach seiner Einführung ist das Deutschlandticket noch nicht das Erfolgsmodell für ganz Deutschland, als das es gerne hingestellt wird. Vor allem im ländlichen Raum hätte den Menschen eine Investition in verbesserte Infrastruktur und ein zuverlässiges Angebot mehr gebracht als ein günstiges Ticket. Da das Ticket aber nun eingeführt ist, sollten wir am einfachen Zugang zum öffentlichen Nahverkehr festhalten. Dafür ist aber maßgeblich, dass der Bund endlich die zugesagten Restmittel aus dem vergangenen Jahr überträgt. Nur so können wir den aktuellen Preis von 49 Euro für den Rest des Jahres gewährleisten.“

Auf ihrer Frühjahrssitzung verständigten sich die für den Verkehrsbereich zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder auf einen Fahrplan für einen Ticketpreis im nächsten Jahr. Auf der Grundlage der Entwicklung und der Prognosen zu den Verkaufszahlen, der Kostenentwicklung und somit des Zuschussbedarfs wird die Verkehrsministerkonferenz rechtzeitig in der zweiten Jahreshälfte 2024 einen Ticketpreis für das Jahr 2025 festlegen. Gleichzeitig stellte die Fachministerkonferenz fest, dass ohne eine Klärung von Seiten des Bundes zu einer dauerhaften Finanzierung des Deutschlandtickets über das Jahr 2025 hinaus, aktuell eine Klärung der Regeln zur weiteren Preisentwicklung über das Jahr 2025 hinaus nicht möglich ist. 

Länder unterstützen Idee eines Infrastrukturfonds 

Ein weiteres dominierendes Thema auf der Frühjahrssitzung der Verkehrsministerkonferenz war die Gesamtfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur und des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Nach einer Studie des Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) ist für den ÖPNV allein bis 2031 ein Finanzbedarf für den Ausbau und die Modernisierung von rund 40 Milliarden Euro notwendig. Dies sei aber nach den Beratungen der Verkehrsministerkonferenz nur eine Untergrenze der notwendigen Mittel. Hinzu kommen noch weitere notwendige Erhaltungsinvestitionen in die Straßen-, Brücken und Wasserstraßeninfrastruktur.  Die Verkehrsministerkonferenz begrüßt daher den Vorstoß von Bundesverkehrsminister Volker Wissing für einen Infrastrukturfonds, um damit die Verkehrsinfrastruktur zu erhalten, zu modernisieren und zukunftsfit zu machen. 

„Wir stehen beim Erhalt unserer Infrastruktur vor einer gewaltigen Herausforderung. Jahrzehntelang wurde zu wenig investiert – und das rächt sich jetzt. Wir zahlen jetzt die Zeche für eine verfehlte Infrastrukturpolitik der Vergangenheit. Das sehen wir an der Vielzahl von Brückensperrungen, an einer überalternden Schieneninfrastruktur und an der unzureichend modernisierten Wasserstraßen-Infrastruktur. Wenn wir nicht gegensteuern, schaden wir dem Standort Deutschland. Die Verkehrsministerkonferenz unterstützt daher den Vorschlag von Bundesminister Volker Wissing für einen milliardenschweren Infrastrukturfonds“, sagte Minister Oliver Krischer. „Ich kann nur davor warnen, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Für das neoliberale Sparedikt der schwarzen Null zahlen wir heute einen doppelten Preis. Daher müssen wir uns auch über die Schuldenbremse unterhalten. Es bringt nichts, unseren Kindern und Enkelkindern eine marode Infrastruktur zu hinterlassen. Hier müssen wir gegensteuern und wir erwarten zeitnah von Bundesminister Wissing den Konzeptentwurf für den Infrastrukturfonds.“ 

Minister Bernreiter ergänzt: „Mehr Geld für die Infrastruktur ist zweifelsohne eine Forderung, hinter der wir uns alle versammeln können. Wichtig ist dabei, dass sich der Bund nicht aus der Verantwortung stiehlt und über Umwege die Länder zur Kasse gebeten werden. Die Forderung an den Bund ist klar: Wir brauchen mehr Investitionen und eine zuverlässige Finanzierung für Straße und Schiene!“

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen): „Es sind gigantische Investitionen, die zum Erhalt bzw. Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur nötig sind. Dafür braucht es langfristige und aufwachsende Mittel über die Jährlichkeit hinaus. Deshalb ist ein Infrastrukturfonds dringend nötig.“

Vor diesem Hintergrund haben die Länder vor Auswirkungen auf die Umsetzung von Neu- und Ausbauprojekten bei der Schieneninfrastruktur gewarnt. Die Verkehrsministerkonferenz sieht die klimapolitischen und verkehrspolitischen Ziele von Bund und Ländern zur Stärkung der Schiene vor dem Hintergrund weiterer Kürzungen im Bundeshaushalt in Gefahr. 

Ausweichrouten: Länder fordern Gesetzesänderung

Minister Krischer begrüßte darüber hinaus einen weiteren Beschluss der Verkehrsministerkonferenz, der sich mit dem Schutz vor Autobahnumleitungs- und –ausweichverkehren beschäftigt. Durch die immer häufigeren Sperrungen von Brücken und Autobahnen kommt es zu erheblichen Belastungen durch Umleitungs- und Ausweichverkehren im nachgeordneten Straßennetz. Dies führt nicht nur zu einer deutlichen Abnutzung der bestehenden Infrastruktur, sondern auch zu erheblichen Belastungen der Menschen durch Lärm und Abgasen. „Wir erleben es gerade auch in Nordrhein-Westfalen, dass sich durch die massiven Sperrungen von Autobahnen der Verkehr auf Ausweichrouten durch Wohngebiete oder nicht dafür vorgesehene Ausweichsstraßen durchmogelt“, sagte Minister Krischer. „Mit Blick auf die Lenkung der Ausweichverkehre zeigt sich aber, dass wirksame Abhilfemaßnahmen zum Schutz der Anwohnerschaft oftmals nicht mit geltendem Straßenverkehrsrecht in Einklang gebracht werden kann. Daher müssen wir hier die rechtlcihen Rahmenbedingungen ändern. Ich bin dankbar, dass die Verkehrsministerkonferenz die Forderung Nordrhein-Westfalens nach einer Anpassung des Straßenverkehrsreht beschlossen hat. Nur so können wir Sperrungen  von Strecken für den Durchgangsverkehr und hier insbesondere von Lkw deutlich vereinfacht umsetzen, um die Verkehrsbelastung auf Umleitungsstrecken zu reduzieren und Schäden im nachgeordneten Straßennetz zu vermeiden. Eine verbindliche Verkehrslenkung sollte dabei bereits auf der Autobahn erfolgen.“

 

Weitere Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz in Münster: 
 

  • Mobilität und Klimaschutz
    Die Verkehrsministerkonferenz sieht das klimapolitische Ziel der Bundesregierung von 15 Mio. vollelektrischen PKW in Deutschland bis 2030 als  voraussichtlich nicht mehr erreichbar. Deshalb fordern die Länder den Bund auf, zusätzliche Instrumente einzuführen, um die Zielzahlen bei der Flottenumstellung zu erreichen. Darüber hinaus wird der Bund um Vorschläge gebeten, durch die die klimapolitischen Ziele im Bereich der Antriebswende bis 2030 erreicht werden sollen.
     
  • Radverkehr
    Die Länder haben sich für eine Stärkung des Radverkehrs und seiner finanziellen Unterstützung ausgesprochen. In einem 14 Punkte umfassenden Beschluss bedauerten die Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren unter anderem, dass der Bund der Forderung vergangener Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz nach einer deutlichen Erhöhung der Bundesmittel zur Finanzierung der investiven Radverkehrsförderung auf 1 Mrd. Euro jährlich bis 2030 nicht entsprochen hat. 
    Die Verkehrsministerkonferenz bittet den Bund, dass die Radverkehrsförderung des Bundes im Bundeshaushalt für das Jahr 2025 zunächst mindestens wieder das Niveau des Jahres 2022 erreicht und im Anschluss zunehmend gestärkt wird. Darüber hinaus hat die Verkehrsministerkonferenz den Bund aufgefordert, das Straßenverkehrsgesetz um eine Innovationsklausel zu erweitern, um  die Erprobung zusätzlicher fahrradfreundlicher Maßnahmen vor Ort zu ermöglichen.
     
  • Mobilfunk in Zügen 
    Ein attraktiver Bahnverkehr muss auch einen qualitativ hochwertigen Mobilfunk ermöglichen. Die Verkehrsministerkonferenz begrüßt die bisherigen Erfolge beim Ausbau des Mobilfunkempfangs entlang der Schienenwege, da ein attraktiver Bahnverkehr auch einen qualitativ hochwertigen Mobilfunk erfordert. Die Verkehrsministerkonferenz bittet den Bund darum, die flächendeckende Netzabdeckung weiterhin konsequent auch für Strecken im ländlichen Raum umzusetzen. Gleichzeit fordern die Länder den Bund auf, dass die Umrüstung von Fahrzeugen des Nahverkehrs im Rahmen der Digitalisierungsförderung des Bundes zu berücksichtigen ist.
     
  • Fahrschülerausbildung
    Die Länder drängen auf eine schnelle Optimierung der Fahrschülerausbildung durch den Bund. Bereits auf ihrer Sitzung im März 2023 hatten die Länder Eckpunkte für eine Novellierung der Fahrschülerausbildung geeinigt. Diese umfassten unter anderem Einsatzmöglichkeiten von Fahrsimulatoren in der Ausbildung von Fahrschülerinnen und Fahrschülern sowie den Einsatz von synchronem E-Learning. Die Länder erwarten noch in diesem Jahr einen entsprechenden Referentenentwurf des Bundes.
     
  • Militärische Mobilität 
    Angesichts der aktuellen außenpolitischen Lage in Europa durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sind militärische Transporte der Bundeswehr und der Bündnispartner im Bundesgebiet sicherzustellen. Die Länder sehen hier die Notwendigkeit, das Militärstraßengrundnetz zu aktualisieren und zu digitalisieren. Insbesondere seien Informationen seitens des Bundes notwendig, denn dort, wo die Transporte nicht über die Bundesautobahnen möglich sind, kommt es zu Verlagerungen ins nachgelagerte Straßennetz. 
     
  • Trassenpreisförderung
    Die Länder kritisierten auf ihrer Frühjahrssitzung die Kürzungen im Bundeshaushalt bei der Trassenpreisförderung. Die Einsparungen stünden im klaren Widerspruch zur angestrebten Verkehrsverlagerung auf die Schiene. Daher wird der Bund aufgefordert, diese Kürzungen zurückzunehmen und auf das vorherige Niveau zu erhöhen sowie eine verlässliche mittel- und langfristige Finanzierung sicherzustellen. 
     
  • Busförderung
    Die Verkehrsministerkonferenz hatte bereits in ihrer Sitzung am 22./23.03.2023 die Bundesregierung aufgefordert, das Finanzierungsvolumen zur Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personenverkehr deutlich zu erhöhen. Nehmen die Länder jetzt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass die aktuellen Haushaltsplanungen der Bundesregierung keine Mittel für die Bewilligung weiterer Anträge auf Grundlage der Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personenverkehr vorsehen. Hier fordert die Verkehrsministerkonferenz die Bundesregierung daher auf, die Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personenverkehr fortzusetzen und sicherzustellen, dass weiterhin und mit mehr Planungssicherheit neue Förderanträge bewilligt werden können
     
  • Verbindliche Prüfung von Gleisanschlüssen 
    Die Verkehrsministerkonferenz setzt sich dafür ein, dass künftig beim Bau von aufkommensstarken Industrie- und Logistikstandorten eine verbindliche Prüfung des Baus einer Schienenverbindung vorgesehen wird. Dies ist auch eine zentrale Forderung von Wirtschaftsverbänden und Kommunen. Hier soll der Bund und die Fachministerkonferenz für Raumentwicklung entsprechende Maßnahmen umzusetzen. 

Bildergalerie Verkehrsministerkonferenz 17. & 18. April Münster