wir. bewegen. nrw Umwelt. Naturschutz. Verkehr - Zur Startseite

Die Zukunft der Moore: Was können wir tun?

Interview

Die Zukunft der Moore: Was können wir tun?

Was ist das Spannende an Mooren? Warum müssen sie wiedervernässt werden? Weshalb haben Moore solch eine große Bedeutung für die biologische Vielfalt? Und welche Maßnahmen sind in Nordrhein-Westfalen geplant, um die Moore zu schützen? Diese und andere spannende Fragen hat Umweltminister Oliver Krischer in unsere Info-Broschüre "Moore in NRW" beantwortet.

Die meisten Menschen werden eher dunkle Vorstellungen von Mooren haben: Moorleichen, tote Landschaften, Nebel, Dunkelheit. Das sind überhaupt nicht Moore, Moore sind absolut faszinierende Landschaften, die für viele seltene Tier- und Pflanzenarten Lebensraum sind. Die aber auch Klimaschutz betreiben, weil Moore CO₂ speichern können, CO₂ – das ja die Klimakrise verursachte. Und obwohl wir in Deutschland relativ wenig Moorflächen haben, speichern sie so viel CO₂ wie alle Wälder zusammen in Deutschland – und das ist schon eine ganze Menge. Moore haben aber auch noch die Funktion, dass sie uns vor den Folgen der Klimakrise schützen. Es regnet ja immer heftiger, die Wetterereignisse werden immer heftiger. Moore können beispielsweise bei Starkregen und Hochwasser Wasser auffangen, das heißt, sie verhindern Überflutungen. Also Moore sind alles andere als tote Landschaften. Sie sind Alleskönner, Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Klimaschützer und sie schützen uns auch vor den Folgen der Klimakrise.

Moore sind alles andere als tote Lebensräume, auch wenn das das Bild von Mooren ist. Moore sind Lebensräume für ganz spezialisierte Tier- und Pflanzenarten, für solche, die auf diesen nährstoffarmen Böden leben können und die sich an die speziellen Lebensbedingungen angepasst haben. Die auch nur hier überleben können. Ganz bekannt ist beispielsweise der Sonnentau, eine Pflanzenart, die, um den Nährstoffbedarf zu decken, Insekten fängt. Sie kommt nur im Moor vor. Auch viele Vogelarten wie beispielsweise die Bekassine, die spezialisiert sind auf die feuchten, wasserüberfluteten Flächen, um dort ihre Nahrung gewinnen zu können. Die Liste könnte man unendlich fortsetzen. Wir brauchen die Moore, damit diese Tiere und Pflanzen, die auf den speziellen Lebensraum Moor angepasst sind, bei uns überleben können.

Moore bestehen zu großen Teilen aus Torf. Das sind abgestorbene Pflanzenteile – überwiegend von Moosen – und die werden unter Sauerstoffabschluss in dem Wasser des Moors konserviert. Das heißt, wir haben Kohlenstoff CO₂, der aus der Atmosphäre, aus der Luft in das Moor reingenommen wird, und damit natürlich auch der Atmosphäre entzogen wird und nicht mehr zu einem Temperaturanstieg und zu dem bekannten Treibhauseffekt beiträgt. Und dann ist es natürlich ein Problem, wenn das Moor zerstört wird. Denn dann kommt das CO₂ wieder raus, gerät in die Atmosphäre, wenn Moore entwässert werden, in irgendeiner Weise überbaut oder genutzt werden. Denn dann passiert das Umgekehrte: Dann sind Moore oder die dann übrigbleibenden Landschaften eine Belastung für das Klima.

Es hat in früheren Jahrhunderten große Moorlandschaften in Deutschland gegeben, auch viel, viel mehr Moore in Nordrhein-Westfalen. Diese Landschaften sind ganz überwiegend zerstört worden, indem man sie entwässert hat, indem man Torf abgebaut hat, um ihn beispielsweise in der Landwirtschaft oder als Brennstoff einzusetzen. Deshalb existiert ein Großteil der Moore überhaupt nicht mehr. Die Moore, die es heute noch gibt, sind vor allen Dingen dadurch bedroht, dass wir Dürrejahre erlebt haben, die Moore ausgetrocknet sind und damit die eigentliche Funktion des Moores, nämlich dass der Torf und die Moose wasserüberspült sind, nicht mehr stattfinden kann. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass Moore erhalten bleiben, dass sie ihre Funktion weiter erfüllen können. Wir haben aber auch die Aufgabe, früher mal zerstörte Moore zu renaturieren, sie wieder zu vernässen, damit sie ihre Funktion als Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten, aber auch als Klimaschützer wieder wahrnehmen können.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen, das hat eine Studie des Landesumweltamtes jüngst ergeben, Moorflächen von etwa 24.000 Hektar, die es früher einmal gegeben hat. Davon sind heute noch etwa 4.000 vorhanden, das heißt, der größte Teil ist inzwischen verschwunden. Wir müssen diese 4.000 schützen, die übrigen Flächen können wir renaturieren. Da wollen wir uns drum kümmern, dass sie wieder Moorfunktionen bekommen können. Das bedeutet natürlich, dass Nutzungen, die heute stattfinden – beispielsweise als Land- oder forstwirtschaftliche Flächen –, dass die nicht mehr oder anders stattfinden müssen. Das ist die Herausforderung, mit den Eigentümern bzw. mit den Menschen, die diese Flächen bewirtschaften, gemeinsame Vereinbarungen zu finden, damit wieder Moore entstehen können.

Wichtig ist es, überhaupt erstmal den Lebensraum zu kennen und einschätzen zu können. Was haben wir noch, was können auch potenzielle Moorflächen sein? Viele von den heutigen Moorflächen, die noch vorhanden sind, werden geschützt und betreut, beispielsweise durch Biologische Stationen. Die kümmern sich darum, dass diese Moore intakt bleiben, dass sie weiter nass sind, dass sie vernässt sind. Sie kümmern sich dort um die seltenen Tier- und Pflanzenarten. Das ist eine ganz, ganz wichtige Aufgabe, die wir auch noch intensivieren wollen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass diese Moore nicht zuwachsen, dass hier immer auch eine moorgerechte Beweidung und Bewirtschaftung stattfindet. Wie können wir hier Fortschritte erreichen? Das wird einer der Schwerpunkte der Naturschutzarbeit in Nordrhein-Westfalen sein, dass wir hier zeigen: Moore können auch renaturiert werden, sie können wieder neu entstehen.

Wir wollen die Ziele dadurch erreichen, dass wir die Institutionen, die das Know-how haben – beispielsweise Biologische Stationen, aber auch andere Naturschutz-Organisationen –, dass die in die Lage versetzt werden, durch technische Maßnahmen eine Wiedervernässung von Mooren zu ermöglichen. Dazu gehört natürlich auch, dass man freiwillige Vereinbarungen mit bisherigen Nutzerinnen und Nutzern trifft, dass diese die Moore naturschutzgemäß bewirtschaften können. Das wollen wir als Landesregierung fördern. Wir tun das heute schon an ganz vielen Stellen, aber die Studie unseres Landesumweltamtes hat deutlich gemacht, dass es hier noch große Potenzialflächen gibt, die wir in Zukunft auch renaturieren. Das wollen wir beispielsweise mit dem Aktionsprogramm des Bundes „Natürlicher Klimaschutz“ finanzieren. Wir wollen das Geld, das hier vom Bundesumweltministerium für natürlichen Klimaschutz und damit zum Beispiel für die Erhaltung und Wiedervernässung von Mooren zur Verfügung gestellt wird, ganz konkret in Nordrhein-Westfalen einsetzen, damit wir eben diesen Lebensraum Moor und seine wichtigen und wertvollen Funktionen erhalten können.