
Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
Mit der Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), die am 11.10.2024 Rechtskraft erlangte, wurde das deutsche Straßenverkehrsrecht modernisiert. Unter anderem wurde die Anordnung von streckenbezogenem Tempo 30 erleichtert, z. B. im Bereich von Spielplätzen, hochfrequentierten Schulwegen oder an Fußgängerüberwegen („Zebrastreifen“).
StVO Rechtsverordnung für Teilnehmende am Straßenverkehr
Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist eine Rechtsverordnung des Bundes, die den öffentlichen Verkehr regelt und lenkt und Vorschriften für sämtliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Straßenverkehr auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen enthält. Sie dient hauptsächlich der Abwehr von Gefahren, die sich aus dem Straßenverkehr ergeben und richtet sich in erster Linie an die Verkehrsteilnehmenden.
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VwV-StVO Verwaltungsvorschrift zur StVO
Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) ist die zur StVO gehörende Verwaltungsvorschrift. Sie dient als ermessenslenkendes Regelwerk einer bundeseinheitlichen Ausführung der StVO und richtet sich daher in erster Linie an die örtlichen Straßenverkehrs- und Ordnungsbehörden. In der VwV-StVO ist u. a. festgelegt, dass die Verkehrssicherheit oberstes Ziel bei der Ausführung der StVO ist und dabei die „Vision Zero“ (keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schweren Personenschäden) Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen ist.
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Kurzübersicht Über die Novellen von StVO und VwV-StVO
Ein bedeutender Schritt zur Modernisierung des Straßenverkehrsrechts ist die Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), die am 11.10.2024 in Kraft getreten ist. Die dazugehörige Novelle der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) erlangte am 10.04.2025 Rechtskraft.
In diesem Rahmen hat die StVO unter anderem umfassende Neuregelungen erhalten, von denen die maßgeblichsten nachfolgend in kurzer Form erläutert werden. Darüber hinaus gehende Details sind der StVO und der VwV-StVO zu entnehmen.
Die wichtigsten Neuerungen Umwelt-, Klima- und Gesundheitsschutz und Unterstützung der geordneten städtebaulichen Entwicklung sind neue Anordnungsziele
Die wichtigste Neuerung der StVO-Novelle ist, dass straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen nun auch aus Gründen des Umwelt-, Klima- und des Gesundheitsschutzes und zur Unterstützung der geordneten städtebaulichen Entwicklung angeordnet werden können (§ 45 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 StVO). Diese neue Rechtsgrundlage ersetzt nicht die bestehende des Gefahrenabwehrrechts, sondern tritt als Alternative neben sie.
Die neuen Anordnungsmöglichkeiten beschränken sich auf
- die Einrichtung von Sonderfahrstreifen und bevorrechtigenden Ampelzeichen für Linienbusse und
- die Bereitstellung angemessener Flächen für den fließenden und ruhenden Fahrradverkehr sowie für den Fußverkehr.
Da diese Maßnahmen von den strengen Maßgaben des § 45 Absatz 9 StVO ausgenommen sind, können sie nunmehr erleichtert angeordnet werden, es genügt ein verkehrsplanerisches Gesamtkonzept. Dieses verkehrsplanerische Gesamtkonzept, kann auch auf eine einzelne Verkehrsart (z. B. Radverkehrsplan, Fußverkehrsplan, Nahverkehrsplan) oder ein räumliches Teilgebiet beschränkt sein. Aus dem Gesamtkonzept muss sich ableiten lassen, dass die anzuordnende Maßnahme zum Umwelt- und Klimaschutz, zur Unterstützung der geordneten städtebaulichen Entwicklung oder zum Gesundheitsschutz beiträgt. Etwa durch eine Verkehrsverlagerung zugunsten des öffentlichen Personen-, des Rad- oder des Fußverkehrs.
Die Straßenverkehrsbehörden können im Einzelfall auch ohne ein verkehrsplanerisches Gesamtkonzept abweichend davon oder ergänzend dazu entsprechende Anordnungen treffen.
Bereitstellung angemessener Flächen für den fließenden und ruhenden Fahrradverkehr sowie für den Fußverkehr
Hierzu zählen gemäß VwV-StVO:
- Radfahrstreifen und Schutzstreifen,
- Fahrradstraßen und Fahrradzonen,
- Verkehrsberuhigte Bereiche,
- Fußgängerzonen,
- Sonstige Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, durch die Flächen auf öffentlichen Straßen alleine oder vorrangig dem Fuß- oder Radverkehr zugewiesen werden,
- Maßnahmen, die der Sicherstellung der Funktion der Verkehrsfläche dienen (z. B. zum Vorrang an Knotenpunkten, beim Queren oder zum Schutz vor dem Befahren oder Beparken durch Kraftfahrzeuge).
Nicht zur „Bereitstellung angemessener Flächen“ zählen dagegen:
- Radwege mit Benutzungspflicht (Zeichen 237, 240 oder 241),
- Streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen (Zeichen 274).
„Angemessen“ sind Flächen für den Rad- und Fußverkehr grundsätzlich dann, wenn sie den einschlägigen technischen Regelwerken entsprechen.
Weitere Änderungen der StVO-Novelle
Streckenbezogenes Tempo 30 (Zeichen 274) kann gemäß § 45 Absatz 9 Satz 4 Nr. 4 und 6 StVO nun auch ohne den Nachweis einer „besonderen Gefahrenlage“ und damit erleichtert angeordnet werden
- als Lückenschluss (bis zu 500 Metern) zwischen zwei vorhandenen Tempo 30-Strecken,
- an Fußgängerüberwegen (FGÜ - „Zebrastreifen“),
- an Spielplätzen,
- an hochfrequentierten Schulwegen,
- im Nahbereich von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen.
Gemäß VwV-StVO soll Tempo 30 an Spielplätzen, hochfrequentierten Schulwegen und Behinderteneinrichtungen unter bestimmten Bedingungen der Regelfall sein, auch im Zuge von klassifizierten Straßen (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) und anderen Hauptverkehrs- und Vorfahrtstraßen.
Auf Anraten des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr wurden die neuen Zusatzzeichen 1012-55 (Schulweg), 1012-56 (Spielplatz) und 1012-57 (Behinderteneinrichtung) eingeführt, um eine Akzeptanzsteigerung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h zu erzielen.
Gemäß § 45 Absatz 9 Satz 4 Nr. 10 StVO können auch FGÜ ohne den Nachweis einer „besonderen Gefahrenlage“ und damit erleichtert angeordnet werden. Die bisher strengen Anordnungsvoraussetzungen in der VwV-StVO werden deutlich gelockert, so dass FGÜ künftig auch im Rahmen einer Angebotsplanung umgesetzt werden können. Es ist zu begrüßen, dass die bundeseinheitlichen Rechtsvorschriften damit an die seit mehr als 20 Jahren in Nordrhein-Westfalen geltenden fußgängerfreundlichen Regelungen angeglichen werden.
Erleichterungen bietet die novellierte StVO auch hinsichtlich des Bewohnerparkens (§ 45 Absatz 1b StVO):
- Das Bewohnerparken kann nun schon bei einem „drohenden erheblichen Parkraummangel“ angeordnet werden und nicht erst dann (wie bislang), wenn Parkraummangel bereits existiert.
- Die maximale Ausdehnung eines Bewohnerparkbereiches wurde von 1.000 m auf 1.500 m erhöht.
- Das Bewohnerparken kann nun auch auf Grundlage eines städtebaulich-verkehrsplanerischen Konzepts zur Vermeidung von schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt oder zur Unterstützung der geordneten städtebaulichen Entwicklung angeordnet werden.
Zudem wird mit der Novelle der VwV-StVO ein erster Schritt zur Digitalisierung des Bewohnerparkens gemacht: So können digitale Bewohnerparkausweise erteilt werden, die nicht mehr im Fahrzeug ausgelegt werden müssen. Darüber hinaus können Bewohnerparkausweise nun auch digital beantragt werden.
Im Zusammenhang mit Bussonderfahrstreifen (Zeichen 245) wurden die bislang strengen Anordnungsvoraussetzungen in der VwV-StVO gelockert. So wurde z. B. die Vorschrift gestrichen, wonach Bussonderfahrstreifen erst dann eingerichtet werden dürfen, wenn mindestens 20 Linienbusse in der Stunde der stärksten Verkehrsbelastung verkehren. Möglich ist nun auch die Anordnung von Sonderfahrstreifen zur Erprobung unterschiedlicher oder neuer Mobilitätsformen, z. B. für Carsharing-Fahrzeuge, elektrisch betriebene oder mehrfach besetze Fahrzeuge (Fahrgemeinschaften). Hierzu kann durch Zusatzzeichen entweder ein Bussonderfahrstreifen (Zeichen 245) freigegeben oder eine Ausnahme von einem Verbot für Fahrzeuge aller Art (Zeichen 250) erteilt werden. Die Erprobung ist zunächst befristet bis zum 31.12.2028. Um die Freigabe von Fahrgemeinschaften (mit mindestens drei Personen besetzte Kfz) zu ermöglichen, wurde das neue Zusatzzeichen 1024-22 eingeführt.
Mit diesem neuen Zeichen kann der Verkehr mit Elektrokleinstfahrzeugen („E-Scooter“) auf bestimmten Verkehrsflächen untersagt werden. Dies war bislang nicht möglich.
Mit diesem neuen Zeichen können Parkflächen ausschließlich für Be- und Entladevorgänge reserviert werden, auf denen eine anderweitige Nutzung untersagt ist.
Der Regelungsgehalt des Zeichens 240 wurde ergänzt um die Klarstellung, dass der Radverkehr auf den Fußverkehr Rücksicht zu nehmen hat und die Geschwindigkeit ggf. an den Fußverkehr anpassen muss.